„Das ist genau das, was ich brauche“

Was brauchst Du gerade? - Segensaktion auf dem Wochenmarkt (c) Dekanate Rheingau-Taunus und Wiesbaden

„Was darf ich Ihnen aufs Brot schmieren?“, fragt Pfarrerin Stella Schu eine Besucherin des Wochenmarktes in Geisenheim. „Hoffnung, Liebe, Geborgenheit, Kraft oder Gelassenheit?“ „Liebe, bitte“, entscheidet sich die Besucherin und bekommt Marmelade – auf Wunsch ohne Butter – auf ein frisches Roggenbrot geschmiert.

Zusammen mit ihren beiden Evangelischen Rheingauer Kolleginnen Jennifer Bücher und Sophia Clement, steht Schu für zwei Stunden auf dem Geisenheimer Wochenmarkt, direkt neben dem Katholischen Dom. „Der Kantor findet unsere Aktion gut“, freut sich Schu. Und nicht nur er. Das Konzept, die Menschen zu fragen, was sie brauchen und ihnen einen Segen anzubieten, wird sehr gut angenommen. Neben dem Brot bieten Clement, Bücher und Schu den Besucherinnen und Besucher an, ihnen einen Segen zuzusprechen. „Im Segen ist alles drin“, betont Pfarrerin Sophia Clement. „Dass wir hier sind hat sich bereits nach fünf Minuten gelohnt“, sagt Stella Schu überwältig. Eben hat sie eine Dame gesegnet, die danach zu Tränen gerührt sagte: „Das habe ich jetzt gebraucht“.

Es entstehen viele längere und zum Teil auch seelsorgerliche Gespräche bei strahlend blauen Himmel. Nebenan läuten die Glocken. Selbst Marktbeschicker kommen und lassen sich „Gelassenheit“ oder „Kraft“ aufs Brot schmieren und bitten um einen Segen. Der Obsthändler von nebenan schenkt dem Segensteam frische Erdbeeren und Äpfel. Immer mehr Menschen kommen, auch Kinder wollen ein Brot und einen Segen haben.

Ein Ehepaar ist sich einig beim Brotaufstrich, besteht aber darauf, dass sie jede und jeder ihren eigenen Segen bekommen, dem Pfarrerin Jennifer Bücher auch gerne nachkommt.

Die Brotaufstriche stehen auf lila Bistrotischen und die „Speisekarte“ gleich daneben: Hoffnung ist Kresse, Geborgenheit sind Schokostreusel, Liebe ist Marmelade (mit oder ohne Butter), Kraft sind Körner und wer Gelassenheit aufs Brot geschmiert haben möchte bekommt Kräuterfrischkäse. „Und, was brauchst Du gerade?“, ist die Frage, die ständig zu hören ist und viele neugierige Menschen gleich zum Reden ermutigt. „Es gibt ein so großes Bedürfnis nach Segen“, stellen die drei Pfarrerinnen fest. „Wir sind einfach überwältigt von der Resonanz“, so Schu und fragt einen Mann, ob er eine Stärkung haben möchte. „Stärkung ist immer gut, und das Beste in diesen turbulenten Zeiten ist Hoffnung“, sagt er und lässt sich Kresse aufs Brot schmieren. „Man darf den Mut nicht verlieren“, sagt er beim Gehen.